Ausschusses für Recht, Sicherheit, Integration und Gleichstellung, 28. Sitzung

Notizen aus der 28. öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Recht, Sicherheit, Integration und Gleichstellung (ohne Gewähr)

Zur Tagesordnung:
Auf Antrag der CDU-Fraktion wird der Tagesordnungspunkt 4 betr. Parkdruck im Bereich Neubau Vitos-Klinik, 101.18.1229, von der heutigen Tagesordnung abgesetzt.
Die Fraktion Kasseler Linke beantragt, den Tagesordnungspunkt 1 betr. Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs im Gebiet der Stadt Kassel –Radentscheid Kassel, 101.18.1236, wegen Beratungsbedarf von der Tagesordnung der heutigen Sitzung abzusetzen. Der Magistrat erläutert, dass auch in der Sitzung des Ausschusses für Finanzwirtschaft Grundsatzfragen eine gemeinsame Behandlung der Vorlage zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens mit der Vorlage zur Verbesserung des Radverkehrs beantragt worden sei, das eine habe mit dem anderen aber nichts zu tun habe. Hier ginge es nur um juristische Zulässigkeit, in der anderen Vorlage um den politischen Teil. Er lehnt ein Vertagen ab.


1.Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs im Gebiet der Stadt Kassel -Radentscheid Kassel

Vorlage des Magistrats-101.18.1236
Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:„Das am 12. November 2018 eingereichte „Bürgerbegehren zur Förderung des Radverkehrs im Gebiet der Stadt Kassel-Radentscheid Kassel“ wird als unzulässig zurückgewiesen.“

Der Vorsitzende betont, dass es in diesem Ausschuss nur um rechtliche Fragen und nicht um inhaltliche Bewertung des Anliegens gehe.
Die Kasseler Linke erläutert, dass der Antrag auf Vertagung nicht deshalb gestellt wurde, weil man die beiden Vorlagen zusammen behandeln würde wollen, sondern die Fraktion an der rechtlichen Unzulässigkeit zweifle und man deshalb noch Beratungsbedarf habe. Ihr erscheine die Ablehnung eher politisch motiviert, dass zeige sich in den einzelnen Punkten, zum Beispiel bei der Aussage, dass Begriffe laienhaft oder zu unbestimmt seien. Ebenfalls kritisch sehe man den Punkt der Kostenschätzung. Es lägen unterschiedliche Schätzungen vor. Aufgrund von Punkt 1 habe man Beratungsbedarf angemeldet. Zwar habe man den Unterschied zwischen Straßenbaubehörde und Straßenverkehrsbehörde verstanden, schaue man sich Ziel 6 an, so gehe es vor allem um eine Verbesserung an Kreuzungen und nicht zwingend eine Regelung durch Ampeln und die Kommune sei für die Bereitstellung von Finanzen für Arbeiten an Kreuzungen zuständig.

B90/Grüne betonen, sie hätten sich schon immer für die Einführung von Bürgerbegehren eingesetzt, ohne die Grünen gäbe es diese Regelung gar nicht und man habe in der schwarz-grünen Koalition auch die Vorgaben vereinfacht damit ein Bürgerbegehren auch einmal erfolgreich sein könne. Bei der Magistratsvorlage störe sie der negative Duktus. Die ein oder andere Unklarheit sähen man ebenfalls nicht . Das seien keine Gründe für die Unzulässigkeit, genauso hätte man das als Spielraum für die Gestaltung auslegen können. Allerdings sei das Gesetz sehr unflexibel, entweder sei ein Bürgerbegehren zulässig oder eben nicht. Das könne man nicht abändern, man könne auch nicht über einzelne zulässige Punkte abstimmen lassen. Auch bei der Kostenschätzung könne man kein Auge zudrücken. Bei Vorlagen der Stadtverordneten könne man Änderung einbringen, hier gehe dieses nicht. Nach eingehender Prüfung käme die Fraktion zu dem Schluss, dass einzelne Punkte unzulässig seien, deshalb werde man der Magistratsvorlage zustimmen. (Punkt 6 sei offensichtlich unzulässig)

Die SPD- Fraktion schließt sich der Magistratsvorlage an und sieht die wahre Hürde beim Landesgesetzgeber. Dieser müsse das Gesetz neu regeln, dann könnte man solche Punkte auch rausnehmen.

Der Vorsitzende gibt das Wort an die Sprecherin der Vertrauenspersonen für das Bürgerbegehren zur Stellungnahme.
Diese betont, dass die Behandlung des Themas erste Erfolge zeige, das Thema Radverkehr sei in aller Munde, einzelne Fraktion unterstützten die Anliegen und hätten sich entschieden die über 21.000 Menschen, die das Begehren unterzeichnet haben ernst zu nehmen.
Es bestehe konkreter Handlungsbedarf, man fordere konkreter, messbarer Ziele und mehr Geld für die Radinfrastruktur und eine personelle Aufstockung. Man sehe die Auffassung des Magistrats, dass das Bürgerbegehren tatsächlich unzulässig sei, kritisch. Dies sei eine, wenn auch professionelle ,Interpretation des Magistrats, aber auch die Initiative habe das Bürgerbegehren prüfen lassen und die Anwältin der Initiative habe eine andere. Welche Auffassung die richtige ist, müsse unter Umständen ein Gericht entscheiden.
Sie betont den Reformbedarf der hessischen Gemeindeordnung.

Weiter erklärt sie, sie sehe wenig Wohlwollen in der Interpretation des Magistrats. Einzelne Punkte seien in anderen Städten zulässig, die in Kassel als unzulässig eingeordnet wurden, zudem habe man als Grundlage für die Kostenschätzung besonders aufwändige Straßenabschnitte gewählt. Statt 1000 Abstellmöglichkeiten habe man 1000 Bügel berechnet, das Wort attraktiv, welches als zu unbestimmt kritisiert wurde, sei in den Folgesätzen erklärt worden. Außerdem hätten andere Städte ein externes Gutachten erstellen lassen. Kassel habe auf so etwas verzichtet. Die Anforderung an das Bürgerbegehren seien sehr hoch und man sei enttäuscht, dass der Magistrat das Bürgerbegehren als unzulässig erklären lassen möchte. Sie bittet darum, dieses Vorhaben noch einmal zu überdenken und gegebenenfalls ein 2. Rechtsgutachten einzuholen. Auf 1 oder 2 Monate käme es jetzt nicht mehr an.

Sie appelliert an den Magistrat die Vorlage zum Bürgerbegehren gemeinsam mit der Vorlage zur Verbesserung des Radverkehrs zu behandeln um eine schlechte Außenwirkung zu vermeiden. Auch die Vorlage des Magistrats zur Verbesserung des Radverkehrs habe noch viel Potenzial zur Verbesserung. Nach Abschluss der konstruktiven Gespräche mit der Verwaltung, werde man weiter mit den Fraktionen arbeiten und hofft, dass es bald eine Arbeitsgruppe der Regierungskoalition gebe, mit der man gemeinsam an der Vorlage arbeiten könne.

Die Fraktion B90/Grüne erklärt, es sei schon interessant eine 2. Meinung einzuholen(Städtetag), auch für die Initiative bei der Entscheidung ob man vor Gericht gehe. Der Magistrat erklärt jedoch, dass er dies nicht für nötig gehalten habe. Ein Punkt reiche für die Unzulässigkeit, und diesen sehr man auf jeden Fall gegeben(Ampel).

Die Kasseler Linke merkt an, dass, nach den Hochrechnungen des Magistrates ca. 14.000.000 € pro Jahr in den Radverkehr gesteckt werden müssten, um die Ziele des Bürgerbegehrens zu erreichen. Nun stünde in der vertagten Magistratsvorlage aber die Summe 500.000 €. Aus ihrer Sicht sei ein gemeinsames behandeln der Vorlagen für die Außenansicht besser. Der Magistrat erläutert erneut, dass es sich hier bei der Vorlage nur um die juristische Bewertung handele, die andere Vorlage den politischen Teil enthalte. Die Vorlagen hätten nichts miteinander zu tun. Gerade um den Eindruck zu vermeiden man wolle das Thema wegwischen, habe man mit der (vertagten) Vorlage einen Vorschlag auf den Weg gebracht.

Die Initiative fragt nach, ob irgendetwas dagegen spreche die Vorlagen in einer Sitzung zu behandeln.

Der Redner derFraktion B90/Grüne sieht die Erklärung der Unzulässigkeit zwingend, bevor man an inhaltlichen Vorlagen arbeite. Er gibt zu bedenken, dass, sollte das Bürgerbegehren zulässig sein, eine inhaltliche Vorlage des Magistrats ein Vorgriff wäre, der Bürger müsse dann erst entscheiden. Man wäre sogar gehindert etwas anderes zu beschließen. es stelle sich auch die Frage, ob man, sollte die Initiative das Gericht anrufen, man erst das Urteil abwarten müsse.

Zustimmung:SPD, CDU, B90/Grüne, AfD
Ablehnung:Kasseler Linke, FDP+FW+Piraten


Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 werden gemeinsam zur Beratung aufgerufen.

2. Sicherer Hafen Kassel

Antrag der Fraktion Kasseler Linke-101.18.1165 -Geänderter Antrag
1.Der Magistrat wird aufgefordert,die Aufnahme von zusätzlichen Flüchtlingen in Kassel anzubieten.2.Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kassel fordert die Hessische Landesregierung dazu auf zum sicheren Hafen zu werden und als solches sowohl zusätzliche aus Seenot Gerettete aufzunehmen als auch von Abschiebungen abzusehen und dabei insbesondere die Urteile der Härtefallkommission zu beachten.

Zustimmung:Kasseler Linke
Ablehnung:SPD, CDU, B90/Grüne, AfD
Enthaltung:FDP+FW+Piraten


3.Kassel ist und bleibt ein sicherer Hafen

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen SPD und B90/Grüne und des Stadtverordneten Andreas Ernst-101.18.1223

Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:Die Stadt Kassel ist und bleibt ein sicherer Hafen für Geflüchtete. Nicht erst seit dem Jahr 2015 hat die Stadt Kassel alle Geflüchteten menschenwürdig untergebracht und setzt auch weiterhin mit vielfältigen Angeboten und guter Kooperation mit Unternehmen, Wohlfahrtsverbänden, Initiativen und Ehrenamtlichen alles daran, diese in der Stadt zu integrieren. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kassel ruft die Hessische Landesregierung und die Bundesregierung dazu auf, Hessen und Deutschland zum sicheren Hafen zu erklären und sich dafür einzusetzen, dass aus Seenot gerettete Menschen aufgenommen werden können.

Zustimmung:SPD, B90/Grüne
Ablehnung:CDU, AfD
Enthaltung:Kasseler Linke, FDP+FW+Piraten


Diskussion von Tagesordnungspunkt 2 und 3:

Diskussion: die Kasseler Linke betont, dass man eine Resolution verfasst habe, sich im weiteren Verlauf aber gezeigt habe, dass die Stadt selber aktiv werden müsse. Bisher seien 40 Städte solidarisch mit den Geflüchteten. Es reiche nicht einfach zu sagen, man sei schon ein sicherer Hafen. Es würden weiter Menschen ertrinken es sei auch nur noch ein Rettungsboot unterwegs. Nachdem die Koalition einen eigenen Antrag auf den Weg gebracht hat, habe man den Appell an die Landesregierung mit den Antrag aufgenommen. In Anbetracht der Abschiebungspraxis in Hessen sei es einfacher auf kommunaler Ebene etwas zu tun als auf Landesebene. Der Punkt zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen sei der zentrale. Die Kasseler Linke mahnt an nicht wegzuschauen. Kassel sei Rüstungstadt. Es gehe auch darum die Initiative Seebrücke zu unterstützen.

Die SPD-Fraktion freue sich, dass die Linke einen Teil des Antrags übernehmen wolle, rügt aber den untauglichen Versuch eine Kopplung mit den Abschiebungspraxis in den Antrag bringen zu wollen. Man habe im Herbst einen breiten Konsens mit der Resolution erreicht, ihr sei nicht klar, warum man diesen jetzt für parteipolitische Landgewinne aufgeben solle. Man sei der Meinung Kassel sei ein sicherer Hafen, erfolgreich bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen. Kassel zum sicheren Hafen zu erklären sei reine Symbolpolitik, die kommunalen Handlungsmöglichkeiten seien sehr beschränkt. Der Antrag der Kasseler Linken nütze nichts. Möglich wären aber Sonderprogramme auf Landesebene. Der Flaschenhals sei eben Land und Bund, auf diese müsse der Druck erhöht werden. Solange Land und Bund nicht mitzögen, liefen Erklärung der Stadt ins Leere. Wichtiger sei das Anbieten von Integrationsmöglichkeiten. Man müsse schauen ob es nicht handfestere Möglichkeiten gäbe Initiativen, wie die Seebrücke zu unterstützen. Zudem sei unklar ob es in Zukunft noch Flüchtlinge gäbe, die aus Seenot gerettet werden müssten, da leider das Rettungsprogramm Sophia eingestellt wurde.

B90/Grüne ergänzen, dass es ungewöhnlich sei, sich mit Themen der EU und des Bundes zu befassen, jedoch passiere auf diesen Ebenen nichts. Der Druck müsse nun von unten kommen, man müsse Signale setzen. Durch das Abziehen der Rettungsschiffe der EU würde die Situation noch verschärft und es bestehe noch mehr Handlungsbedarf. Zwar ginge auch von dem Antrag der Kasseler Linken ein Signal aus, aufnehmen könne aber nur der Bund und das Land. Sie habe kein Problem dieses Signal zu setzen, könne aber verstehen, wenn andere dies als leeres Gerede empfinden. Das Signal sei in beiden Anträgen vorhanden, die zusätzliche Aufnahme sei bei dem Appell an Land und Bund seitens der Kommune impliziert, insofern verstehe man nicht die Ablehnung der Kasseler Linken. Zudem sei der Antrag der Linken unklar formuliert, der Bezug zur Notlage fehle. Die Vermischung der der Themen Seenotrettung und Abschiebung lehne man ab. Der Schelte an der Flüchtlingspolitik in Hessen und am Innenministerium widerspreche man. Die Härtefallkommission gebe Empfehlung ab, der Innenminister halte sich in nahezu 100 % daran.

Die CDU betont, dass es sich bei beiden Anträgen nicht um Angelegenheiten der Gemeinde handele, insofern werde man beide ablehnen.

Die AfD-Fraktion schließt sich dieser Argumentation an, Grenzpolitik sei nicht Sache der Kommune. Zudem solle man zunächst die Kasseler Bürger befragen, man sehe dort ein Thema für einen Bürgerentscheid. Zwar seien viele Menschen auf der Flucht wegen Krieg und Verfolgung, noch mehr Menschen aber aufgrund falscher Versprechen und falscher Signale.

Die Kasseler Linke fragt nach, was konkret nach der Resolution im Herbst unternommen wurde. Auch da habe es einen Appell an die Bundesregierung gegeben. Es würde sie interessieren ob eine E-Mail geschickt oder ist ein Gespräch in Berlin gegeben habe.

Der anwesende Stadtrat erklärt, darauf könne er leider keine Antwort geben da es nicht in seinem Bereich falle. Der Magistrat könne dies aber gerne nachreichen.