Eingabeausschuss: 2 Eingaben zur KVG-Liniennetzreform 15.11.16 (4. Sitzung)

Meine Notizen aus dem Eingabeausschuss vom 15.11.2016

Auf der Tagesordnung stehen heute 2 Eingaben, die auf der letzten Sitzung im September geschoben wurden.

1. KVG-Linienreform – konkrete Angebotserweiterungen 101.18.245
2. KVG-Liniennetzreform – erneute Überarbeitung 101.18.246

Zunächst stellt der Petent noch einmal seine Eingabe vor und erläutert erneut die einzelnen Punkte. Er bemängelt, dass die Petenten nicht darüber in Kenntnis gesetzt werden, in wieweit die Vorschläge Berücksichtigung in den Entwürfen gefunden haben. Die Liniennetzreform insgesamt bringe einige Verbesserungen, aber auch Verschlechterungen. Die Verringerung des Zuschusses um 1 Million Euro, sollte überdacht werden, man habe die Kosten der konkreten Maßnahmen durchgerechnet, die angeführten Punkte könnten bei Rücknahme der Einsparungen finanziert werden.

Im Anschluss wird auch die zweite Petition noch einmal kurz vorgestellt. Die Petentin beginnt ihren Vortrag mit der Anmerkung, das mehrfach betont worden sei, wie bürgernah die Entwicklung der Liniennetzreform gewesen sei. Es erstaune, dass der letzte Stand nicht vorgestellt würde. Sie weist auf die Wichtigkeit einer Bürgerversammlung hin.
(Antrag wird am 7.12 im Ausschuss für Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr behandelt.)
Da die Eingabe schon zweimal vorgestellt worden sei, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, legt sie diesmal den Fokus vor allem auf die Fahrpreise. In den letzten acht Jahren sei es bei einzelnen Fahrkarten zu einer Preissteigerung bis zu 40 % gekommen. Eine Aussage, die verbindlich feststellt, dass es zu keiner weiteren Preiserhöhung am Ende des Jahres kommt, sei dringend vonnöten.
Der öffentliche Nahverkehr in Kassel arbeite zu 80 % kostendeckend, während die Kostendeckung bei Individualverkehr lediglich bei 35 % liege. In Anbetracht des formulierten Ziels, den ÖPNV zu stärken, sei ihr dies unverständlich.
(Als Spitze am Rande fragt sie nach dem Kostendeckungsgrad von Kassel Calden)
Sie spricht das Konzept in Tallinn an, wo der öffentliche Nahverkehr frei für die Bewohner der Stadt ist. (Touristen zahlen, allerdings lägen die Preise grob bei einem Drittel von denen Hierzulande). Mittlerweile gäbe es Auswertungen. Gerade bei Älteren und Geringverdienern sei dort ein Fahrgastzuwachs zu verzeichnen.
Weltweit gäbe es 84 Städte mit kostenlosem öffentlichem Nahverkehr. In Polen 13, in Frankreich 10, in England 3, in Deutschland leider noch keine.
Kassel, welches einmal als Vorzeigestadt für den Individualverkehr erbaut wurde, könne jetzt die Chance nutzen, Vorzeigestadt für den öffentlichen Nahverkehr zu werden.

Damit ist die Diskussion eröffnet.

Der Stadtbaurat erläutert kurz den momentanen Verfahrensstand. Die Beteiligungsverfahren seien im Endbericht eingearbeitet und wurden letzte Woche in die Fraktionen übergeben. Die Liniennetzreform sei also auf dem politischen Wege. Mit Blick zu einem der Petenten erläutert er, dass allerdings nicht alle Punkte in dem neuerlichen Entwurf berücksichtigt seien.

Die SPD-Fraktion erklärt kurz, warum auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr der Antrag zu der Bürgerversammlung geschoben wurde. Man habe erst ein interfraktionelles Treffen der Fraktionsvorsitzenden abwarten wollen. Dort habe man die zweite Überarbeitung der Reform von der KVG erhalten und die KVG habe nochmals Stellung zu den Vorschlägen bezogen. Er betont den ernst zu nehmenden Prozess der Bürgerbeteiligung. Es würde nicht leichtfertig mit den Anregungen der Bürger umgegangen. Um die 1 Million weniger Zuschuss zu erreichen, sei man von anfänglich 2/3 Einsparung, 1/3 Mehreinnahmen, nun zu einer Lösung mit 1/3 Einsparung und 2/3 Mehreinnahmen gekommen und habe damit eine deutliche Verbesserung in der Linienführung erreicht.
Am 7. Dezember würde die Fraktion der SPD dem Antrag zu einer Bürgerversammlung zustimmen. Eine Fahrpreissenkung jedoch sei in der momentanen Situation, in der Mittel von Bund und Ländern zusammengestrichen wurden, beim besten Willen nicht zu erreichen. Man müsse Verantwortung übernehmen und nicht noch mehr Geld in den ÖPNV schießen.
Die Fraktion werde beide Eingaben ablehnen.

Die Fraktion B90/Grüne betont, dass der Prozess der Liniennetzreform mittlerweile über drei Jahre laufe. Der Auftrag der Stadtverordneten für die Liniennetzreform sei bewusst nicht kleinteilig erfolgt. (Es gab 5 Rahmenbedingungen). Es habe ein umfangreiches Beteiligungsverfahren gegeben. Die Stadtverordneten hätten die KVG um Wertung und Einarbeitung gebeten (Es gab 1100 direkte Anregungen), haben aber bewusst keine Einzelmaßnahmen gefordert. Auch die Ortsbeiräte wurden umfänglich beteiligt.
Es ergebe keinen Sinn den Entwurf jetzt noch ein drittes Mal zu überarbeiten. Bei der Einarbeitung von Einzelmaßnahmen würde wieder auch an anderer Stelle geändert werden müssen. Sie betont, dass beide Eingaben dennoch das Ergebnis der Liniennetzreform deutlich verbessert hätten. Es zeige sich, dass sich Teilnahme an solchen Beteiligungsprozessen lohne. Der jetzige Entwurf sei deutlich flexibler für Nachbesserungen, als die vorigen.
Fahrpreissenkungen jedoch seien nicht machbar.

Die CDU-Fraktion erkennt an, das die KVG sich bemühe. Solange jedoch noch so viele Wünsche aus den Ortsbeiräten kommen, solle die KVG noch weiter optimieren.

Die Kasseler Linke stellt richtig, dass der Beschluss zur Liniennetzreform nicht von der gesamten Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde, sondern von einer Mehrheit aus SPD und Grünen. Es hätten auch nicht alle Stadtverordneten beim ersten Entwurf noch weiter warten wollen, bis der zweite Entwurf steht, sondern auch die Frage gestellt, ob man an den Rahmenbedingungen etwas ändern könne. Sie sieht seit dem letzten Eingabeausschuss, bei dem die Eingaben aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Verfahrens bei den Ortsbeiräten verschoben wurden, keine deutlichen Veränderungen.
Im zweiten Entwurf habe die KVG jedoch deutlich gemacht, dass sie die vorgeschlagenen Änderungen gut fände, wenn die Finanzierung ermöglicht würde. Die Linke betont, dass die angestrebten Mehreinnahmen auch beim öffentlichen Nahverkehr bleiben sollten.

Die Fraktion Freie Wähler und Piraten betont, dass die Liniennetzreform längst überfällig sei. Am Beispiel der Taktung nach 14:00 Uhr an Samstagen verdeutlicht sie, wie wenig die momentanen Fahrpläne noch mit dem aktuellen Leben zu tun hätten. In dem interfraktionellen Gespräch habe man erörtert unter welchen Bedingungen man der Reform zustimmen könne und es sei zu einem Kompromiss gekommen.
Es könne nicht noch einmal komplett überarbeitet werden, auch, wenn der Fraktion die Vorschläge durchaus sympathisch seien. Die zweite Überarbeitung bringe auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung zur jetzigen Situation, daher sei es wichtig, dass die Reform kommt.

Die SPD-Fraktion erwidert, es gäbe noch keine Beschlussfassung. Es stimme, die Rahmendaten seien von der SPD und den Grünen beschlossen, worden, dazu stehe man auch. Zu der Kritik der Linken, man habe nicht jede Information bekommen, die zur Beurteilung nötig gewesen sei, verweist er darauf, dass man die Informationen in den Aufsichtsräten bekäme, in denen auch die Fraktionen sitzen.

Die Vertreterin der Kasseler Linken antwortet, dass die Linken zu Beginn des Prozesses noch keinen Vertreter im Aufsichtsrat hatten, die KVG aber in der letzten Zeit eine gute Öffentlichkeitsarbeit geleistet habe, vermutlich auch aufgrund des Druckes.

Der Stadtbaurat betont, dass die KVG von Anfang an eine gute Öffentlichkeitsarbeit geleistet habe und die letzte Beschlussvorlage auch veröffentlicht werden wird. (mehrere 100 Seiten)

B90/Grüne betonen, es sei Schade, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, es handele sich bei der Reform um Einsparungen. Man müsse sehen, dass die Ergebnisverbesserung zum Großteil durch mehr Einnahmen und nicht durch Einsparungen erreicht würden. Das Schreckgespenst der Einsparung sei aber nicht mehr aus dem öffentlichen Bild zu bekommen. Man werde letztlich sehen, ob der Entwurf eine Mehrheit bekommt. Die Linke könne dann ja immer noch Änderungsanträge stellen.
Zu einer möglichen Bürgerversammlung erläutert er, dass es dort nicht um eine Abstimmung gehen könne, sondern eher um eine Vorstellung der Reform, bei der die Fraktion die Stimmung sicherlich genau beobachten werden und passende Änderungsanträge erarbeiten könne.
Werde die Liniennetzreform jetzt nicht beschlossen, würde es über Jahre keine geben.
An dieser Entscheidung nun zeige sich, wer wirklich Verantwortung in dieser Stadt übernimmt und wer nicht.

Die Kasseler Linke entgegnet, dass eine Reform prinzipiell sinnvoll sei, jetzt beschlossene Verschlechterung aber nicht so einfach wieder zurückzunehmen seien. Sie sehe bisher bei den Ortsbeiräten kein eindeutiges Votum für die Liniennetzreform.

Die FDP moniert das Demokratieverständnis des Kollegen von den Grünen. Verantwortung übernehme man auch, wenn man etwas ablehne. Der Entwurf sei besser geworden, es bestehe aber noch Korrekturbedarf. Die FDP wolle die Bürgerversammlung abwarten und den Prozess weiterhin konstruktiv begleiten. Deshalb werde man sich bei beiden Eingaben enthalten.

Freie Wähler und Piraten betonen, die Fraktion sei bereit Verantwortung zu übernehmen. Es sei besser die Liniennetzreform so zu beschließen, wie sie jetzt ist, als gar nicht.

B90/Grüne wiederholt, dass diese Reform eine deutliche Verbesserung sei.

Der Antragsstellende erläutert noch einmal, dass die Vorschläge schon lange vorlägen – auch bevor der zweite Entwurf fertig war. Er betont, dass die Einarbeitung seiner Vorschläge auch ohne komplette Überarbeitung möglich seien.

Eingabe 1:
Zustimmung: CDU, Kasseler Linke und die AfD,
Ablehnung: B90/Grüne, SPD,
Enthaltung: Freien Wähler+ Piraten und die FDP.

Eingabe 2:
Zustimmumg: CDU, Kasseler Linke und AfD,
Ablehnung: B90/Grüne, SPD und die Freien Wähler und Piraten.
Enthalten hat sich die FDP.

Ende der Sitzung
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Ich habe mal die Abstimmungsergebnisse/Beschlussempfehlungen der letzten Sitzungen im Eingabeausschuss zusammen gestellt. Sie zeigen imho ganz gut, wie Bürgerbeteiligung hier gehandhabt wird. Ich habe den letzten Entwurf leider noch nicht in der Hand gehabt um zu vergleichen, wie viel jetzt von den Eingaben hier und in den Ortsbeiräten noch eingeflossen ist. Vielleicht hat ja jemand Lust da ein wenig Zeit hereinzustecken.

Mir persönlich bleibt weiter unverständlich, dass ausgerechnet in diesem Bereich Zuschüsse eingespart werden. Schließlich hat Kassel mit zu hoher Feinstaubbelastung/Stickoxiden zu kämpfen. Da ist der Terminus Ergebnisverbesserung, der ja besser klingen soll, als Einsparungen eben Augenwischerei.

Und ja, es werden jetzt weniger Fahrten gestrichen als im ersten Entwurf vorgesehen. Um 700.000 € mehr zu erwirtschaften wird aber vermutlich die nächste Erhöhung direkt ins Haus stehen. Hab gestern mal in meine Unterlagen geschaut: Mitte 2006 lag das 9Uhr Ticket bei 39.-, mittlerweile zahle ich 59,50.
Es bleibt also für den Fahrgast weiter bei einem Weniger für Mehr 🙁

08.02.16 : 2 Eingaben zur Liniennetzreform

Beide Petitionen zur Liniennetzreform werden auf die nächste Sitzung verschoben, damit die nächsten Gewählten entscheiden können

15.06.16 3 Eingaben zur Liniennetzreform

Eingabe 1 und 2 werden wegen Beratungsbedarf von den Petenten selbst zurückgezogen.
Eingabe 3 wird auf Wunsch von B90/Grüne verschoben bis die Entwürfe in den Ortsbeiräten besprochen sind, der Petent willigt ein.

15.09.16 4 Eingaben zur Liniennetzreform, 1 mit dem Thema Bürgerversammlung zu CETA

Eingabe 1 und 3 werden von den Petenten zurückgezogen, 2 und 4 auf Wunsch der SPD-Fraktion auf die nächste Sitzung verschoben.
Die Bürgerversammlung zu CETA wird abgelehnt.
(Zum einen seien die Ansprechpartner der VKU und Städtetag, zum anderen wolle man nicht über ungelegte Eier reden. Die Eingabe wurde in der letzten StaVo ebenfalls abgelehnt, dann aber u.a.mit dem Argument, das sei jetzt ja nicht mehr aktuell)

15.11.16
Beide Eingaben zur KVG Liniennetzreform werden abgelehnt.

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